Der diesjährige Versandhandelstag des Handelsverbands stand unter dem wenig kreativen Motto „eCommerce 3.0“. Als Szeneneuling bin ich mit großen Ohren dabei gewesen und hab mir ein paar Stichwörter notiert.
Bisher habe ich mich vor allem auf Social Media und Onlinemarketing Konferenzen herumgetrieben. Müsste ich einen Vergleich ziehen, dann habe ich den Eindruck gewonnen, dass die „Social“-Szene im Umgang miteinander und mit neuen Entwicklungen deutlich offener unterwegs ist. Das Publikum (und hier kann ich natürlich nur meine Kaffee-Plaudereien bewerten) des Versandhandelstages scheint – entgegen der vortragenden Referenten – dem Thema „3.0“ recht skeptisch gegenüber zu stehen. „Das zahlt sich alles nicht aus“ war ein Zitat, dass ich nicht nur einmal gehört habe.
Leider wurden die Slides der verschiedenen Vorträge nirgends zur Nachlese angeboten, zumindest wäre diese Information an mir vorüber gegangen. Daher erlaube ich mir die einzelnen Sessions gewohnt subjektiv zusammen zu fassen. Das Programm der Veranstaltung findet sich hier.
New Retaility: Innovationen und Trends in der Omnichannel-Ära (Andreas Haderlein, Zukunftsinstitut)
- Wie vom Zukunftsinstitut gewohnt, ein Blick in die Zukunft – die gar nicht mehr so fern ist. Vorgestellt wurden hauptsächlich Dinge die bereits funktionieren (zB: Lieferung mit Drohnen), aber den Weg in den Massenmarkt noch nicht gefunden haben.
- Als (mittlerweile oft gehörtes) Best Practice Beispiel wurde einmal mehr „Emmas Enkel“ bemüht. Allerdings ist das Konzept schon sehr cool: „Tante Emma“-Konzept auf 21. Jahrhundert gemünzt, Shoppen über QR-Code in der Auslage, Anpassung der Verkaufsfläche an die Tageszeit (am Vormittag Wasserflaschen an der Kassa, am Abend 6-Pack), Kaffeeecke ausgestattet mit iPads über die eingekauft werden kann – Kaffee gemütlich austrinken, Bestellung bei der Kassa in Empfang nehmen, zahlen, fertig. Recht viel gemütlicher kann einkaufen nicht sein.
- Spannend fand ich auch „Droptag“, ein Paket-Aufkleber der via iPhone ausgelesen werden kann und somit meldet wenn ein Paket beim Transport unsanft behandelt wurde
- Zalando, die später am Tag auch noch ihren Auftritt hatten, bekamen Platz über das Zalando Fashion Concept Car.
Shopping 3.0: Konsumentenverhalten im Distanzhandel 2012/13 (Peter Voithofer, KMU Forschung Austria)
Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass Daten eines der wesentlichsten Entscheidungskriterien darstellen, aber ich oute mich jetzt, dass ich kein sonderlicher Fan von Frontalvorträgen bin die ein Säulendiagramm nach dem Anderen zeigen. Dementsprechend kurz war auch meine Aufmerksamkeitsspanne. Für mich hängen geblieben ist: Internet ist ein Zukunftsthema im Handel. Hoffe die Erkenntnis haut euch vom Hocker.
Die Zukunft der Fläche – Die Fläche der Zukunft (Podiumsdiskussion)
Auch hier natürlich nur ein Abriss über die Inhalte:
- die Verkaufsflächen werden kleiner
- „Showrooming“ ist nicht zwangsläufig böse, es eröffnet auch Möglichkeiten die Stärke (= Beratung) stationärer Händler auszuspielen
- die Mietpreise in den Innenstädten werden fallen (müssen)
- dadurch werden neue Konzepte in die Innenstädte Einzug halten, die zu einer Belebung führen
- Ende Juni wird eine Studie die die Zahlungsbereitschaft hinsichtlich „last mile“ im Fokus hat veröffentlicht
- Hanna Bomba-Wilhelmi von RegioPlan hat großartige Ansichten hinsichtlich Chancen die der E-Commerce bietet und wird als Interviewpartnerin für den TheAngryTeddy Podcast unbedingt angefragt 🙂
eFood: Der letzte große Sprung im Versandhandel? (Michael Ströck, kochabo.at)
- Kochabo.at setzt vor allem auf TV-Werbung um eine Brand aufzubauen
- es wird kaum etwas gestohlen, wenn Ware nicht ankommt liegen Logistikfehler vor
- der Einkauf bei kochabo.at ist in der Regel in unter 3:45 Minuten erledigt
- Kochabo vereinfacht wo es nur geht
- wer ein zweites Mal bestellt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Stammkunde
- Fleisch wird extra vakuumverpackt, sonst glauben die Kunden nicht an frische Ware
- kochabo.at möchte eine Interessensvertretung „eFood“ initiiert sehen
Innovative Logistiklösungen als Wettbewerbsvorteil im Distanzhandel (Peter Umundum, Österreichische Post AG)
- War leider über weite Strecken eine „Werbeveranstaltung“
- Die Post arbeitet an Produkten um die Logistik für Onlinehändler zu vereinfachen
- es werden Forschungsprojekte mit zB FH Steyr oder Karl Franzens Universität durchgeführt
- der Trend geht zur „Selbstbedienung“ beispielsweise über Lieferboxen in Hauseingängen bzw. Selbstbedienungsfilialen – Rollout dazu läuft
Vier Jahre Zalando in Österreich – Vom Markteintritt zum eigenen Shop (Dominik Rief, Zalando GmbH)
- Wie bei kochabo.at – viel Investment um Vertrauen in die Brand zu schaffen
- Deutschland und Österreich ist „profitabel“ (auch wenn das Auditorium da skeptisch war) – das Konzept „funktioniert“ – Zahlen wurden klarerweise nicht genannt
- Wenn Zalando Werbung macht spüren auch andere Versandhändler (zB Otto) positive Effekte
- sehr viele Details zu Seitenzugriffen à la „Wir haben diese Werbung geschaltet, dann sind die Zugriffe nach oben gegangen“
- Retourenrate 50%
- nur über Vertrauen kann man im Web verkaufen
Wie verändert der E-Commerce den Handel der Zukunft? (Podiumsdiskussion)
- in den nächsten Jahren werden etliche Anbieter verschwinden die die Zeichen der Zeit nicht erkennen
- die Vergleichbarkeit von Produkten wird einfacher, was sich auf die Preisgestaltung auswirken wird
- Branding wird immer wichtiger werden
Alles in allem war der Tag ein schöner Einstieg in die E-Commerce Szene, wenngleich ich erstaunt war, wieviel Skepsis und Widerwillen man im Publikum spürt. „Wie soll das gehen?“, „Das zahlt sich nicht aus.“, „Das ist ja doppelter Aufwand“ bekam man bei Stehtisch-Plauschereien immer wieder zu hören. Bitte die oben stehenden Ausführungen auch als das Verstehen was sie sind, subjektive Stichwörter die Orientierung geben sollen und keine inhaltliche Aufbereitung.