Ich muss mir Luft machen! Es heißt ja nicht umsonst angry Teddy. Social Media geht nicht mehr weg, das dürfte mittlerweile auch den größten Skeptikern klar geworden sein. Diesen Erkenntnisgewinn beobachte ich auch regelmäßig bei meinen Beratungsgesprächen. Leider beobachte ich auch, dass sogenannte „Experten“ in einer Geschwindigkeit aus dem Boden schießen, dass einem schlecht wird. Und es ist schon lustig, wer sich da so aller selbst Experte, Spezialist usw. nennt.
Nur weil jemand jung ist, ist er noch längst kein Spezialist in Social Media
Ich würde nie soweit gehen mich selbst Experte zu nennen, ich habe immer beteuert ich bin ein „versierter User“ und ich kenne sicher mehr Ecken im Social Media Geflecht, als der Durchschnittsuser. Wär auch blöd wenn nicht, schließlich berate ich Menschen bei ihren Fragen rund um das Thema. Ich lese täglich mehrere dutzend Artikel (Ok 😉 vieles überfliege ich auch nur) zum Thema Social Media und bin in vielfältigsten Plattformen mehr oder weniger aktiv, ich bin einer derjenigen der ganz früh und oft völlig überteuert neue Technikspielzeuge kauft (iPad, Smartphone, …) und experimentiert, ich bin außerdem nach 1980 geboren – somit gehöre ich nach Definition zu den „Digital natives“. Sich im Beratungsgeschäft rund um Social Media zu bewegen heißt sich täglich zu informieren, es reicht nicht jung zu sein und mit Fachvokabluar um sich zu werfen – was vielerorts zu beobachten ist.
Man muss drin sein um es zu verstehen
Nur wer sich selbst in sozialen Netzwerken bewegt versteht sie auch. Natürlich kann man mit Geld fehlendes Wissen wett machen. Das führt dann zu großen aufgeblasenen Facebook-Kampagnen, aufwändigen Landing-Tabs, crossmedialen Flash-Seiten – Kampagnen die kurz einen Hype erzeugen und ihre Wirkung so schnell verlieren wie sie da waren. Was dabei vergessen wird, das Wesen von Social Media wird dadurch noch lange nicht gelebt. Das Wertvolle an der Kommunikation in sozialen Netzwerken ist, dass man direkt miteinander kommunizieren kann und zwar viele Menschen gleichzeitig, ein Mehrwert den die meisten Unternehmen die sich in sozialen Netzwerken präsentieren nicht nutzen, zu sehr sind sie in alten Strukturen und verkrusteten Denkmustern gefangen.
Ich sehe immer wieder, dass die sogenannten „Experten“ mit grafischen Feuerwerken und aufwändigen Programmierungen (und zu einem gewissen Grad gehören diese Dinge ja auch zu einem kompletten Auftritt dazu) ihr Unwissen um das Wesen von sozialen Netzwerken zu kompensieren versuchen. Was aber die Gesetzmäßigkeiten und (un)geschriebenen „Verhaltensregeln“ verschiedener Plattformen angeht können sie nicht weiterhelfen. Wie auch? Wer nie getwittert oder gebloggt hat und nicht versteht, dass das zwei gänzlich unterschiedliche Medien, mit unterschiedlichen Bedürfnissen sind, kann auch nicht zielgerichtet beraten. Diese „Experten“ können nur rezipieren was sie gelesen haben oder frühere Kunden erzählt haben, wahrhaftige Erfahrung haben sie allerdings nicht.
Kein Mensch sagt, dass man alle Plattformen bedienen muss (geht auch gar nicht), aber zumindest die wichtigesten Typen (B2B, B2C, Empfehlungsplattformen, Hostingplattformen, Foren, und, und, und …) sollte man von innen kennen. Ich möchte gar nicht wissen wieviele mittlerweile tote Accounts ich schon verursacht habe, bei der Erkundung neuer Plattformtypen.
Am Ende ist es die Leidenschaft die zählt
Wie überall im Leben gilt, wer leidenschaftlich an einem Thema dran ist, der wird auch bessere Ergebnisse erzielen. Warum sollte das bei Social Media anders sein? Daher der gut gemeinte Rat, durchleuchten sie die Menschen die sich ihnen anbieten, Profile und Aktivitäten sind ja leicht ausfindig gemacht im Netz. Wenn Sie nur Facebook wollen, wird Ihnen ja jemand reichen der sich nur in Facebook orientieren kann. Möchten sie die volle Bandbreite an Möglichkeiten kennenlernen werden Sie auch jemanden brauchen der tiefer blicken kann und die Entwicklung der einzelnen Plattformen am eigenen Account gespürt hat.
Ein guter Tipp zum Schluss: Social Media Berater die ein halbes Jahr bloggen (nämlich seitdem sie sich selbst so nennen um vom Hype zu profitieren), kaum Follower auf Twitter haben (da deren Inhalte 1:1 deren Blog entsprechen, weil das vorhandene Wissen dann doch reicht um RSS-Feeds automatisiert auslesen zu lassen) und eine handvoll Portrait-Fotos von sich selbst im Flickr-Account haben, würde ich mir nicht ins Haus holen. Aber testen Sie ruhig selbst, diese „Experten“ sind deutlich weniger wert als sie kosten.
Lesetipp: Medianet – „Sprich’s in ein Sackerl“ Kommunikation im Web 2.0 Foto: flickr – wamzlee (cc-by-sa)
Meine Rede: Wennst schwimmen willst, musst du ins Wasser hüpfen. Wennst jemand anderem das Schwimmen beibringen willst, erst recht.
Danke für die offenen Worte, es grüßt ein „versierter User“ 🙂
full ack
Zuerst vorweg: Ich bin kein Experte kann aber nur zustimmen.
Man muss aber leider auch sagen, dass auch bekannte Agenturen wenn es ums „verkaufen“ geht die irrsinnigsten Dinge tun, und teilweise genau das Gegenteil von dem was sie öffentlich predigen fabrizieren. Leider!
Ich kanns auch nicht mehr hören.
Allerdings gehört es zum selbstverständnis der branche, dass jeder experte in dem feld ist, mit dem er sich beschäftigt (oder beschäftigen möchte).
Und wenn ich deinen Ausführungen noch etwas anmerken darf. Es kann zudem auch nicht schaden, etwas Expertise aus dem Real Life Geschäftsleben mitzubringen. Bevor eine Firma sich ins Web 2.0 Abenteuerstürzt sollte ganz old-fashioned erstmal eine Analyse der Zielsetzungen und der Bedürfnisse stehen. Dann hat sich das Thema Web 2.0 für die eine oder andere Firma nämlich schon erledigt. Nur dabei sein, weil es zunehmend viele machen ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich stimme deinen Ausfürhrungen absolut zu.
Stimmt… Danke für´s „Luft machen“ schade nur, dass die die´s angeht das nicht lesen ;o}
@Kai Du bist doch der Experte mit nachgewiesener Erfahrung, darfst dich also auch so nennen lassen *grins*
Ui, es scheint als hätt ich einen Nerv getroffen. Danke für die Bestätigung!
Ja, jeder Hype spült immer auch eine Menge selbsternannter Experten an die Oberfläche. Ich teile Ihr Ansinnen, sich dahingehend mal Luft zu machen – bin aber beruflich bedingt nicht gänzlich neutral, weil involviert. 😉
Zwei Kleinigkeiten sehe ich auf die Schnelle etwas anders.
1) Leidenschaft scheint mir kein geeigneter Qualitätsindikator. Zumal mir nicht klar ist, wie man die „messen“ will: in Stunden, in Erfolg? Aber zumindest schadet sie nicht grundsätzlich.
2) Nach meiner Beobachtung sagt die Anzahl der Follower auf Twitter viele Dinge aus – aber nichts , was automatisch auf Qualität oder kommunikative Kompetenz schließen ließe. Interessant finde ich etwa auch die Anzahl der Tweets. Ich sehe auf Twitter Profile mit 1.500 Followern und 12 Tweets – in 6 Monaten! Was sagt mir das etwa über die Begeisterung zu twittern? Habe sogar schon Profile mit über 2.000 Followern und nicht einem einzigen Tweet gesehen. Was sagt mir das widerum über die Follower?
Nichtsdestotrotz habe ich Hoffnung, dass sich mittelfristig die Spreu vom Weizen in der Social Media-Beratung trennen wird. Vielleicht, wenn der Hype zum wirtschaftlichen Alltag geworden ist.
Den Artikel kann ich in vielen Punkten unterschreiben. Wem gehen diese Schreihälse 2.0 nicht auf den Geist? Bei der ganzen Diskussion kommt mir aber immer ein Punkt zu kurz. Es muss auch immer jemanden geben, der diesen Experten glaubt. Und genau da beißt sich der Hund in den Schwanz. Das Denken vieler Unternehmen passt nicht selten zu dem Geschrei der Experten. Der Fokus der Unternehmen liegt häufig auf dem kurzfristigen (meist nur scheinbaren) Erfolg und nicht auf der langfristigen Aufbauarbeit mit nachhaltigem Erfolg. Die hübsche bunte Landingpage reicht dann auch häufig aus, damit der Unternehmer mit stolz geschwellter Brust verkünden kann, wir sind dabei. Das Problem gibt es in dieser Form auch nicht erst seit Social Media. Schon bei der guten alten Pressearbeit war es immer der schwierigere Weg, die Unternehmen zu überzeugen, dass ein langfristiger Aufbau sinnvoller ist, als kurzfristig viel Wirbel zu veranstalten. Auch hier gab und gibt es einige Experten, die Unternehmen mit haltlosen Versprechungen ködern und viel Wirbel veranstalten, der aber mehr verbrannte Erde für die Unternehmen in den Redaktionen hinterlässt, als das er hilft. Ich denke, hier kommt einfach Angebot und Nachfrage zusammen. Mein Ding ist es nicht. Dann lieber der schwierigere Weg der Überzeugungsarbeit
Hallo, der Blog Eintrag ist sehr schön geschrieben. klar und einfach verständlich auf den Punkt gebracht. Hat mir spaß gemacht ihn zu Lesen. Weiter so…